Die Photovoice-Methode bildete das methodische Herzstück dieses Projekts – als partizipatives Werkzeug ebenso wie als Ausdrucksform, kollektiver Reflexionsraum und Produktion situierten Wissens. Durch Bilder und Erzählungen dokumentierten die Teilnehmenden nicht nur ihre Erfahrungen, sondern entwickelten gemeinsam Bedeutungen, Erinnerungen und Perspektiven auf ihr Leben in Wien.
Viena Latina entschied sich bewusst für Photovoice, weil es eine zugängliche, einfühlsame und zugleich kraftvolle Sprache bietet – insbesondere für Menschen, die in ihrem Alltag oft keine legitimen Räume des Gehörtwerdens vorfinden. Die Fotografie war dabei kein ästhetisches Mittel, sondern ein Werkzeug und Ausgangspunkt für tiefgehende Reflexionsprozesse – individuell und in der Gruppe. Das Projekt erstreckte sich über vier Workshops, in denen Arbeitsgruppen nach Geschlecht, Alter oder kultureller Nähe gebildet wurden und vollzog sich allzeit in einem geschützten und horizontalen Rahmen gewährleistet.
Die methodische Koordination der Workshops lag bei Diana Ventura, unterstützt von einem engagierten Team aus vier Vermittler*innen. Sie brachten sich aktiv ein – in der Organisation, in sprachlicher und logistischer Begleitung sowie in der Auswertung, stets ausgehend von ihren eigenen Migrationserfahrungen.
Alle Teilnehmenden erhielten eine Grundausbildung in Handyfotografie und wurden individuell beim Verfassen ihrer Bildinterpretationen begleitet. Sämtliche Fotos wurden von den Teilnehmenden selbst aufgenommen. Im letzten Workshop erhielten sie die Möglichkeit, in das kollektive Kuratieren einzutauchen: Sie wählten selbst das Material für die Ausstellung aus und entwickelten Vorschläge für die Planung der Ausstellung im Wien Museum im Frühling 2026. Die Verbindung von Photovoice und kollektivem Kuratieren ermöglichte eine Erweiterung der Partizipation – hin zu Entscheidungen darüber, wie Bilder und Erzählungen gezeigt und geteilt werden. Dies stärkte den kollektiven Charakter der Ausstellung und des gesamten Projekts.
In Gruppen wurden gemeinsame Interpretationen diskutiert, ergänzt und neu verhandelt. Diese kollektive Dialogarbeit war die intensivste Phase des gesamten Prozesses: Es entstanden gemeinsame Kategorien, geteilte Erfahrungen – aber auch Unterschiede, die die Tiefe und Vielfalt des Projekts bereicherten.
Neben der konsequenten Umsetzung ethischer Prinzipien (informierte Einwilligung, Schutz der Privatsphäre, Vereinbarungen zur Materialnutzung) förderte das Team eine aktive Beteiligung in jeder Projektphase – von der ersten Aufnahme bis zur Planung der Ausstellung.
Die Kategorien, die diese Online-Galerie strukturieren, wurden aus den in den Workshops aufgetauchten Kernthemen entwickelt. Sie basieren auf dem vielseitigen Material, das in den Sitzungen entstand, sowie auf der sorgfältigen Lektüre und Analyse jeder einzelnen Interpretation.
Diese Arbeit versteht sich als Teil eines politischen Engagements für eine stärker horizontale, situierte und engagierte Wissenschaft – eine Wissenschaft, die Migrant*innen als legitime Wissensproduzent*innen über ihr eigenes Leben anerkennt. Sie ist all jenen gewidmet, die Wissenschaft von unten betreiben – und insbesondere den Teilnehmenden der Photovoice-Workshops.